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Christenverfolgung – Kein Thema für uns hier?

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Seit Tagen beschäftigt uns in der Redaktion intensiv die Situation im Irak, wenn man das denn noch als einen Staat bezeichnen kann. Die Islamisten haben Städte eingenommen, vertreiben Christen, verbrennen Häuser und Kirchen und zerstören damit etwas, was dort seit 1.700 Jahren und länger existiert hat. Sie tun es aus Machtgier, denn mit Religion hat das alles schon lange nichts mehr zu tun, da sind sich alle Beobachter – auch die muslimischen – einig.

Aber irgendwie scheinen wir die Einzigen zu sein. Katholische Medien weisen auf diese Christenverfolgung hin, aber sonst nicht wirklich viele Medien.

Für eine Sendung habe ich den Weltkirchen-Beauftragten der deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Ludwig Schick von Bamberg, dazu interviewt. Meine Frage war, was sich denn seit den 70er und 80er Jahren verändert habe; ich kann mich noch gut an die Eine-Welt Arbeitskreise erinnern und an Kritik an den Zuständen in Latein- und Südamerika. Dieses Bewusstsein, das ja auch ein politisches Bewusstsein ist, gibt es scheinbar heute nicht mehr.

 

Früher war der Horizont weiter

 

Erzbischof Schick urteilte in dem Interview so: „Damals war der Horizont weiter als er heute ist.“ Und weil er damit nicht nur uns Christen meint, fährt er fort: „Das ist eigentlich sehr schade, gerade wir Deutschen haben mit unserem Außenhandelsvolumen eine gute Position in der Welt, wir könnten da viel mehr bewirken. Aber wissen Sie, wenn ich Deutschland betrachte und dann die anderen europäischen Staaten und die EU, dann sage ich, dass in Deutschland noch mehr für verfolgte und bedrängte Christen und für Menschen in Notsituationen in Afrika, Asien, im Nahen und Fernen Osten getan als in anderen Staaten. Das darf uns aber nicht nachlässig machen; wir müssen da mehr fordern und wir müssen uns mehr einsetzen.“

Zu Beginn hatte ich Erzbischof Schick gefragt, warum der mediale Aufschrei bei der Christenverfolgung seiner Meinung nach ausbleibt. Es gibt die Ukraine und den Gaza-Streifen, aber auch davor war die mediale Konzentration auf die Zerstörung einer 1.700-jährigen Präsenz bei unglaublichem Leid nicht wirklich groß. Christenverfolgung ist nicht wirklich ein großes Thema.

Als Antwort wies Schick auf einen europäischen und deutschen Egozentrismus hin. Wir beschäftigen uns zu sehr mit uns selber, als dass wir Aufmerksamkeit übrig hätten. Flüchtlingsdramen kämen erst dann vor, wenn sie sich an den europäischen Küsten abspielten.

In einer Sitzung hier im Sender wurde uns am Montag ausdrücklich gedankt – allen Sprachredaktionen – dass wir so ausführlich über das Drama im Irak berichten, der Dank kam vor allem aus der Region. Ich würde mir wünschen, dass das für Christen weltweit ein Thema würde. Denn auch diese Christen gehören zu unserem Glauben, auch wenn uns das nicht wirklich bewusst zu sein scheint, auch wenn diese Einsicht zu fern liegt. Aber wir brauchen das Bewusstsein, oder wie es Papst Franziskus nennt: „Die Ökumene des Leidens.“ In den Worten von Erzbischof Ludwig Schick: „Ohne ein gesundes Traditionsbewusstsein gibt es auch kein Zukunftsbewusstsein“.

 

 


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